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Am Rand von allem
Ich frage mich
weshalb eine Plastiktüte
glatt von der Rolle
gezogen bedruckt
mit schreienden Farben
so wunderbar wird
wenn sie an der Hand
eines Mannes hängt
der unter einem Nußbaum
im Regen
hinauf in die Äste sieht
Im Winterquartier des Erinnerns
Mit scharfem Blick spürt Haller auf knappstem Raum die boshaften Veränderungen auf, die Stigmata der Qual, welche die Diktatur erzwungen hat. So legt er die Schichten frei, die sich im Lauf der Zeit über das frühere Leben gelagert haben. Alles ist nun gegenwärtig: die Mutter mit ihrem Biberfell-Muff, die den Westwind bittet, ihr mit der silbernen Zange den Zucker zu reichen; die drohenden Waffen ebenso wie die nunmehr im Alter verwirrte Mutter, welche in den Wolken einen Zeppelin zu erkennen glaubt. Oft bannt Haller seinen Erinnerungsstoff in verdichtete Zweizeiler, dann wieder räumt er ihm voluminösere Gebilde ein. Häufig verrätselt er seine Aussagen durch überraschende Zeilenbrechungen, die neue Zusammenhänge stiften.
Hallers Gedichtband hält indessen neben der lyrischen Reise in die Welt von damals noch eine Überraschung ganz anderer Art bereit: Im Zyklus «Der weisere Irrtum» zeigt er sich als Dichter von erheblichem Sprachwitz, an dem die Konjunktive buntfarbig vorbeistöckeln, während sein lyrisches Ich sich später anschickt, «in die Dünen der Wörter» zu reiten. Das ist so vergnüglich wie hintergründig zu lesen.
Beatrice Eichmann-Leutenegger, Der Bund, 27. 3. 08